MARC CAMILLE CHAIMOWICZ HAT FREIE HAND
In seiner ersten Großausstellung in Frankreich stellt Marc Camille Chaimowitz über achtzig seiner seit den 60er Jahren entstandenen Werke in einen Dialog mit dreißig Werken aus den Beständen des Museums.
Der Ausgangspunkt des Künstlers sind die industrielle Geschichte des Gebietes von Saint Étienne, das Museum MAMC+ und seine Sammlungen zwischen Kunst und Design. Er zeigt die Objekte in Inszenierungen von Umgebungen und Inneneinrichtungen und schafft einen Parcours auf 1000m², durch sieben Säle, als wären es Folgen eines maßgeschneiderten Szenarios: « Zig Zag » (Zickzack), « Rachel et Graham», « L’entrepôt » (Lagerraum), « Peintures 1» (Malereien1), « Peintures 2» (Malereien 2), « Du Textile» (Textil), «… Many Ribbons » (Viele Bänder).
Das Zickzack im Titel der Ausstellung verweist sowohl auf die Form einer architektonischen Wand, die die erste Galerie eröffnet, als auch auf die Nähmaschine « 120 Zigzag » vaus dem Jahr 1977, die von Manufrance hergestellt wurde, sowie auf die gebrochenen Linien der Näharbeiten von Marie Tailhardat, der Mutter des Künstlers, aus der Zeit, als sie im Haute-Couture-Unternehmen Paquin in Paris in der Lehre war. Und die Bänder rollen die sechs Motive, die Marc Camille Chaimowicz in Zusammenarbeit mit dem jahrhundertealten Unternehmen Neyret geschaffen hat, endlos auf.
Das Werk Marc Camille Chaimowiczs zeigt sich hier in all seinen Aspekten und Praktiken: er kombiniert seit über fünfzig Jahren Skulptur, Performance, Installation, Architektur, Malerei, Video, Fotografie, Design und macht sich viel Know-how aus der Mode, dem Textil, der Dekoration zu eigen. Ab den 70er Jahren stattet der Künstler sein Londoner Apartment aus, um daraus ein Werk an Ort und Stelle zu machen. Für ihn ist die Privatsphäre ein Raum zum Aufbau seiner selbst, gegenüber einer Umwelt, die er als entfremdend empfindet. Dieser fiktive Raum ist wie eine erträumte Oase, entfaltet sich durch seine verschiedenen Ausstellungen hindurch, wird mit dem Besucher geteilt. Paravents, Frisiertische, Vasen und Konsolen in Pastelltönen, deren Formen an Früchte, Blumen und Körperteile erinnern, setzen sich mit sozialen Tabus auseinander, da die angewandten Künste und häusliche Innenräume als zweitrangig oder weiblich gelten.
Marc Camille Chaimowicz verwischt die Grenzen zwischen Kunst und Design, stellt Fragen zu Identität und Gender und macht so aus der Intimsphäre einen politischen Raum.
Der Künstler
Er wurde nach dem Krieg als Sohn eines polnischen Vaters und einer französischen Mutter in Paris geboren und zog schon in der Kindheit nach England. Er studierte in Ealing, Camberwell und an der Slade School of Art in London. Im neuen künstlerischen Zeitalter, in dem man sich – häufig in Form von Performance – bemüht, Kunst und Leben einander näher zu bringen, wird das Leben von Marc Camille Chaimowicz zu einem großen Atelier.
Er lebt in Ausstellungsräumen, richtet Hoteleingangshallen und Dekors mit seinen Objekten ein, trinkt mit seinen Besuchern Tee – mit Hintergrundmusik. Sobald Performance als offizieller Kunststil identifiziert wird, gibt er sie auf, sie ist nicht mehr subversiv genug. Zwischen 1975 und 1979 richtet er daraufhin sein eigenes Apartment in der Approach Road ein. Er stattet es mit Tapeten, Vorhängen und Videos, in denen er sich als Künstler inszeniert, aus: alles ist darauf ausgerichtet, entworfen und maßgeschneidert konzipiert, aus seinem Innenraum ein Zimmer zu machen, das zum Träumen bewegt. Schon in den 80er Jahren kommen Dekors und Möbelstücke in Museen, wo sie sozusagen theatralisch inszeniert werden. Hunderte von Ausstellungen des nunmehr internationalen Künstlers in London, New York, Basel… zeigen nun eine Folge von Interieurs.
Marc Camille Chaimowicz wird von der Cabinet Gallery in London, der Galerie Neu in Berlin, dem House of Gaga in Mexiko und der Andrew Kreps Gallery in New York vertreten. Er lebt und arbeitet in London.
Bild: Marc Camille Chaimowicz, „Silhouette Porträt“
KURATORIN
Aurélie Voltz
Leiterin des MAMC+
Monographie
Rêverie, dans la pratique et dans ses formes
À l’occasion de l’exposition, une importante monographie sur Marc Camille Chaimowicz, la première en français, est publiée. Coéditée avec les presses du réel, conçue par le graphiste Zak Kyes sous la direction artistique de Marc Camille Chaimowicz et Anna Clifford, et produite avec le soutien de la Fondation Pernod Ricard, elle comporte un essai de Marie Canet sur l’ensemble de l’œuvre de cet artiste.
Ouvrage publié avec le soutien de la Fondation d'entreprise Pernod Ricard.
248 pages, 177 illustrations couleurs, 26 × 21 cm, un ruban dessiné par l’artiste est inséré en marque-page.
Un ruban en édition limitée, dessiné par l’artiste et fabriqué en partenariat par l’entreprise stéphanoise Neyret a été conçu à l’occasion de l’exposition. Cet objet d’art en édition limitée est également en vente à la boutique du Musée.
Prix : 37 euros.
80 VOM KÜNSTLER ENTWORFENE WERKE
EIN IMMERSIVER PARCOURS AUF 1.000 M²
34 WERKE UND OBJEKTE AUS DER SAMMLUNG
7 SÄLE