Eine ganz neue Erkundung der performativen Dimension in der Arte Povera

Die Arte Povera war im Italien der Jahre 1960-70 eher ein kollektives Abenteuer voller Aktionen und Ereignisse, als eine künstlerische Gruppe. Die Ausstellung vertieft die performative Dimension dieser Kunst in einem Rundgang durch etwa hundert emblematische Werke, die zwischen 1963 und 1978 entstanden sind. Eine reichhaltige Dokumentation begleitet sie: an die 300 fotografische und filmische Archive, von denen manche noch unveröffentlicht waren.

Die Ausstellung besteht aus vier Abschnitten. In den zwei ersten, die „Theater“ und „Zeit und Ort“ heißen, stehen Werke und Archive im Dialog, um die Aktionen der Arte Povera wiederzugeben und einen Kontext herzustellen. Die beiden nächsten, „Aktionen“ und „Ins Werk eintreten“, ermöglichen dem Besucher, sich direkt  einzubringen und mit einer Gesamtheit an Gegenständen zu interagieren. 

Der Kritiker Germano Celant hatte die Formel „arme Kunst“ ursprünglich Jerzy Grotowskis Theaterbegriff entnommen. Seine legendäre Ausstellung „Arte Povera + Azioni Povere“, die er 1968 in Amalfi, Italien organisierte, zeigte schon die Notwendigkeit der Aktion, die diese fünfzehn Künstler besonders umtrieb.

Es ging für sie darum, den herkömmlichen Wert eines Werk und einer einzigen Technik abzulehnen und gemeinschaftliche Erfahrungen zu bieten, Gesten und Haltungen in den Vordergrund zu stellen, anstatt eines zu betrachtenden Gegenstandes. Diese Herangehensweise steht im Zusammenhang mit den sozialen und politischen Forderungen der damaligen Zeit.

Schon ab den ersten Jahren zeigen die Protagonisten der Arte Povera ein großes Interesse an der Performance und ein deutliches Engagement für Interaktionen zwischen Körper, Zeit und Raum.

Diese Künstler haben künstlerische Vorgehensweisen begründet, die das Alltagsleben poetisierten und den Sinn für Zeit verfeinerten, indem sie versuchten, flüchtige Aktionen mit materiellen Objekten zu verbinden. Ihr Ziel war es, so viele Ausdrucksformen wie möglich einzubeziehen, visuelle Kunst mit der Bewegung im Raum und der Dynamik eines Ereignisses zu kombinieren. Der Körper und die Objekte des Künstlers wurden in den narrativen Prozess und in die situativen Szenarien integriert.

Die Künstler, die zur Arte Povera gehören, haben immer versucht, Arbeit zu „verzeitlichen“ und Aktion zu objektivieren. Die Interaktion zwischen Künstlern verankerte ihr Schaffen in kollektiven Veranstaltungen und Aktionen, die bezeichnend für sie waren. Die große, für die Arte Povera so wesentliche Rolle der Beteiligung, hat die Beziehung zwischen Werk, Raum und Zuschauer revolutioniert.

So bleibt die Arte Povera auch fünfzig Jahre nach ihrer Entstehung eine gegenwärtige, immer noch lebendige Kunst.

Eine Koproduktion mit dem Kunstmuseum von Liechtenstein.

KURATOR

Alexandre Quoi
Leiter des wissenschaftlichen Departments des MAMC+

KÜNSTLER DER AUSSTELUNG

Giovanni Anselmo (1934), Alighiero Boetti (1940-1994), Pier Paolo Calzolari (1943), Luciano Fabro (1936-2007), Jannis Kounellis (1936-2017), Eliseo Mattiacci (1940-2019), Mario Merz (1925-2003), Marisa Merz (1926-2019), Giulio Paolini (1940), Pino Pascali (1935-1968), Giuseppe Penone (1947), Michelangelo Pistoletto (1933), Emilio Prini (1943-2016), Gilberto Zorio (1944)

Katalog

Entrare nell'opera : Processes and Performative Attitudes in Arte PoveraGemeinschaftswerk. Englische Ausgabe vom Kunstmuseum Liechtenstein und dem MAMC+.
Ein Begleitblatt in französischer Übersetzung bekommen Sie beim Kauf des Katalogs dazu.
ISBN: 9783960986768. 540 Seiten. Preis: 58 Euro.

14 Künstler

Mitwirkung des Besuchers

Etwa 100 Werke

Etwa 300 Archive

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