EINE ERSTE REICHHALTIGE UND VIELFÄLTIGE RETROSPEKTIVE!

Der emiratische Künstler Hassan Sharif (1951-2016) gilt heute als einer der einflussreichsten Künstler der arabischen Welt. Sein Œuvre kennzeichnet sich durch eine erstaunliche Vielfalt. Entdecken Sie im MAMC+ die Ausstellung „I am the single work artist”: Von der Konzeptkunst geprägte Zeichnungen, Performances und experimentelle Werke finden ihren Widerhall in manchmal monumentalen Installationen, bestehend aus in Suq-Märkten gefundenen angehäuften, ausgeschnittenen oder zusammengeflochtenen Gegenständen.

Der Künstler, Dozent und Kritiker Hassan Sharif trug der Überwindung der traditionellen Kalligrafie und somit der Veränderung der Kunstlandschaft seines Landes bei. Innerhalb von vier Jahrzehnten schuf er ein bedeutendes Gesamtwerk: Zeichnungen, Gemälde, Performances, Skulpturen und Installationen. Der als Kontrapunkt fungierende Ausstellungstitel  (I am the single work artist – Ich bin ein Künstler mit einem einzigen Werk) legt nahe, dass sein Œuvre als Ausdruck einer einzigen, sich durch Fortdauer und Wiederholung kennzeichnende Geste verstanden werden muss.

Hassan Sharifs künstlerische Praxis entfaltet sich in einer Zeit wirtschaftlicher und sozialer Umbrüche, die durch die Entdeckung des Erdöls, dessen Vermarktung ab 1958 und schließlich durch die Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate 1971 verursacht werden. Sein Werk ist markiert durch die rapiden Veränderungen in Dubai, das sich von einem bescheidenen Siedlungsgebiet zu einer luxuriösen Mega-Metropole entpuppt hat. Der Künstler kritisiert in seinen bis 1979 veröffentlichten Karikaturen die rasante, rücksichtslose Modernisierung, konzentriert sich dann aber auf seine künstlerische Praxis. Sein Kunststudium in London verschafft ihm einen tiefen Einblick in den britischen Konstruktivismus, in die Minimal Art und die Bewegung Fluxus – Einflüsse, die er geschickt kombiniert. Seine Performances in der Hatta-Wüste  Anfang der 1980er Jahre gehören zu den ersten Experimenten der Konzeptkunst in der Golfregion: Sharif springt, wirft einen Stein, nimmt die Geräusche eines Felsens auf, verschwindet hinter einer Düne … Fotografien, Collagen oder Texte dokumentieren seine Aktionen im Innenhof seines Hauses, in einem Taxi oder in den Suqs.
Er organisiert mit dem Künstlerkollektiv des Ateliers Al Mureijah ephemere  und subversive Ausstellungen und wendet sein Interesse nach und nach alltäglichen Materialien und Gegenständen zu, die er in den Suqs als Massenware findet. Ein bedeutender Teil seines Werks entsteht durch das Anhäufen, Zuschneiden, Verflechten sowie die Assemblagen dieser Materialien und Objekte – ein Corpus, den er als Stadtarchäologie bezeichnet. Ab dem Jahr 2000, als seine Installationen monumental werden, wendet er sich erneut der Malerei zu, verbindet sie jedoch materiell mit denselben alltäglichen Gegenständen. Der groteske Stil sowie der expressionistische Ausdruck dieser Werke veranschaulichen auf andere, realistische Weise die rücksichtslosen Regeln einer Konsumgesellschaft.

Parallel zu seinen Installationen und Assemblagen entwickelt Hassan Sharif auch Werke, die schlichter und grafischer sind, sich jedoch ebenso auf den Modus der Wiederholung stützen: die „Halb-Systeme”. Ausgehend von mathematischen Berechnungen legt er Regeln zur Schaffung geometrischer Zeichnungen fest, die durch unendliche, mit Linien und segmentierten Geraden versehene Spalten entstehen. Er wiederholt den eintönigen Prozess bis zur Erschöpfung, so dass sich Fehler einschleichen, die sichtbar gelassen werden. Gleich Sharifs Gesamtwerk stellen die „Halb-Systeme” die Konfrontation mit Autorität und Macht sowie die Mittel, um ihnen zu entrinnen, dar.

Hassan Sharifs Werk findet Resonanz in zahlreichen Positionierungen der westlichen Kunst der 1970er bis 1990er Jahre. Die Werkschau wird durch zwei den Sammlungen des MAMC+ gewidmete Säle erweitert, die sich insbesondere auf Minimal Art, Fluxus, Supports/Surfaces und Performances konzentrieren.

Die Wanderausstellung wurde von der Sharjah Art Foundation (Sharjah, Vereinigte Arabische Emirate) konzipiert und von Hoor Al Qasimi organisiert. Die verschiedenen europäischen Etappen der Ausstellung wurden von der Sharjah Art Foundation in Zusammenarbeit mit der KW Berlin, der Malmö Konsthall und dem Musée d’art moderne et contemporain de Saint-Étienne Métropole organisiert.

DER KÜNSTLER

Hassan Sharif wurde 1951 im Iran geboren und starb 2016 in Dubai. In den 1970er Jahren war er als Karikaturist bei der Zeitung Akhbar Dubai tätig. Anfang der 1980er Jahre studierte er an der Byam Shaw School of Art in London. Nach seinem Abschluss im Jahr 1984 ließ er sich  in den Vereinigten Arabischen Emiraten nieder, hatte seine ersten Ausstellungen, gründete mehrere Künstlerverbände und setzte sein künstlerisches Schaffen sowie seine Tätigkeit als Kunstkritiker fort. Seine Arbeiten wurden im Rahmen von Gruppenausstellungen in der Whitechapel Gallery in London und im New Museum in New York vorgestellt ... Sein Œuvre wurde zweimal im Pavillon der Vereinigten Arabischen Emirate bei der Biennale von Venedig ausgestellt  (2009 und 2015). Seine Werke befinden sich in den weltweit größten öffentlichen Sammlungen, wie z.B. im Guggenheim Museum in New York, im Guggenheim in Abu Dhabi, im Centre Pompidou in Paris, in der Tate Modern in London und im Mathaf (Arabisches Museum für Moderne Kunst) in Doha. Hassan Sharif wird von der Galerie gb agency in Paris vertreten.

Kuratorinnen

Hoor Al Qasimi
Direktorin der Sharjah Art Foundation

Aurélie Voltz
Direktorin des MAMC+

KATALOG

Hassan Sharif. I am the single work artist
Die von der Sharjah Art Foundation und dem Verlagshaus Koenig Books gemeinsam herausgegebene Monografie ermöglicht einen tiefen Einblick in das mannigfaltige Werk des Künstlers, ergänzt durch Neuübersetzungen seiner Texte. Zweisprachige Ausgabe Englisch-Arabisch. 320 Seiten. Preis: 22 €. 
 

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